Eine Untersuchung der Rentensysteme in 48 Ländern zeigt, dass Deutschland im internationalen Vergleich nur im Mittelfeld rangiert.
18.11.2024 (verpd) Weltweit gestalten Länder ihre Rentensysteme unterschiedlich, um die Altersvorsorge der Bürger abzusichern. In einer aktuellen Studie wurden die Altersabsicherungssysteme von 48 Ländern analysiert und miteinander vergleichen. Deutschland rangiert hier nur auf Platz 20 und verliert damit einen Rang gegenüber der Studie des letzten Jahres.
Unter anderem erhöhen demografische Veränderungen wie steigende Lebenserwartung und niedrige Geburtenraten, aber auch Finanz- und sonstige Krisen sowie die zunehmenden Kosten für die soziale Absicherung den Druck auf Staatshaushalte und die staatlichen Rentensysteme. Doch auch die betrieblichen und die privaten Altersvorsorgelösungen stehen vor erheblichen Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt.
In diesem Umfeld hat das niederländische Altersvorsorgesystem erneut die beste Bewertung der seit mittlerweile 16 Jahren durchgeführten Studie „Mercer CFA Institute Global Pension Index“ (MCGPI) erreicht. Island und Dänemark folgen auf den Plätzen zwei und drei. Deutschland erreichte mit seinem Alterssicherungssystem, bestehend aus der gesetzlichen Rente sowie der privaten und der betrieblichen Altersversorgung, Rang 20.
Verglichen werden bei der Studie die Rentensysteme von verschiedenen Ländern in Bezug auf die Faktoren Angemessenheit, Nachhaltigkeit und Integrität. Für 2024 wurden die Alterssicherungssysteme von 48 Länder analysiert. Herausgeber des MCGPI ist das Beratungsunternehmen Mercer LLC und das CFA Institute, eine globale Organisation von Anlageexperten.
Studienmerkmale
Für den Vergleich der Rentensysteme wird je Land ein Gesamtindex von 0 bis maximal 100 Punkten ermittelt. Dieser setzt sich aus einem gewichteten Durchschnitt der drei genannten Unterindizes zusammen, wobei die Angemessenheit 40 Prozent, die Nachhaltigkeit 35 Prozent und die Integrität 25 Prozent zur Gesamtbewertung beitragen. Insgesamt enthalten die genannten drei Bereiche über 50 bewertete Indikatoren.
Der Bereich „Angemessenheit“ bewertet unter anderem die Höhe der Rentenleistungen, die steuerliche Unterstützung zur Altersvorsorge, die Unverfallbarkeit der angesparten Ansprüche, inwieweit ein Mindestalter für die Rente besteht und die Ausgestaltung der Altersvorsorgemodelle.
Der Teilindex „Nachhaltigkeit“ berücksichtigt Einzelfaktoren wie Rückdeckung, Demografie, Wirtschaftswachstum und Staatsverschuldung, um zu beurteilen, ob ein System zukunftssicher ist. Bewertet wird hier auch die Höhe der Vorausfinanzierung, darunter die Beitragssätze sowie die Höhe des gesetzlichen und privaten Vermögens zur Rentenabsicherung.
Der dritte Bewertungsschwerpunkt, die „Integrität“ umfasst Aspekte wie staatliche Regulierung, Kostenmanagement und Risikosteuerung, die die Vertrauenswürdigkeit eines Rentensystems beeinflussen.
Leichte Verbesserungen im deutschen Rentensystem
Deutschland erzielte beim Gesamtindex 67,3 von 100 Punkten. Das ist gegenüber dem Vorjahr eine leichte Verbesserung – 2023 waren es 66,8 Punkte. Dennoch verlor die Bundesrepublik im Ranking einen Platz, rangiert jedoch mit Rang 20 weiterhin im Mittelfeld der 48 verglichenen Länder. Spitzenreiter bei der Gesamtbewertung waren die Niederlande mit 84,8 Punkten, Island mit 83,4 Punkten und Dänemark mit 81,6 Punkten.
Im Detail erreichte das deutsche Rentensystem einen sehr guten Wert bei der Angemessenheit mit 81,1 Punkten. Das ist im Ländervergleich der neunte Platz und eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr um 1,3 Punkte. Die besten Länder in dieser Kategorie waren Niederlande mit 86,3 Punkten, Frankreich mit 84,8 Punkten und Dänemark mit 84 Punkten.
Eine gute Bewertung erhielt das Altersabsicherungssystem in Deutschland hinsichtlich der Integrität mit 75,3 Punkten. Im Vorjahr waren es jedoch noch 76,3 Punkte. In diesem Teilbereich liegt Deutschland derzeit mit Platz 27 im mittleren Bereich des Ländervergleichs. Spitzenreiter waren hier Finnland mit 90,8 Punkten, Norwegen mit 88,3 Punkten und Hong Kong mit 87,5 Punkten.
Relativ schlecht schnitt das deutsche Rentensystem bezüglich der Nachhaltigkeit ab. Hier erzielte Deutschland nur 45,8 Punkte, verbesserte sich jedoch gegenüber 2023 um 0,5 Punkte. Damit liegt das deutsche Altersabsicherungssystem in 2024 in diesem Bereich auf den 33. Rang und damit im unteren Drittel des Ländervergleichs. Die ersten drei Plätze belegen in diesem Subindex Island mit 84,3 Punkten, Israel mit 82,6 Punkten und Dänemark mit 82,6 Punkten.
Rang | Land | Gesamtindex in Punkten* | Teilbereich**: Angemessenheit in Punkten* | Teilbereich**: Nachhaltigkeit in Punkten* | Teilbereich**: Integrität in Punkten* |
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*Erreichte Gesamtpunktzahl: maximal sind 100 Punkte möglich, **Der Gesamtindex errechnet sich aus den drei Teilbereichen, Datenquelle: Studie „Mercer CFA Institute Global Pension Index 2024“ von Mercer LLC | |||||
1 | Niederlande | 84,8 | 86,3 | 81,7 | 86,8 |
2 | Island | 83,4 | 82,0 | 84,3 | 84,4 |
3 | Dänemark | 81,6 | 84,0 | 82,6 | 76,3 |
4 | Israel | 80,2 | 75,7 | 82,6 | 84,1 |
5 | Singapur | 78,7 | 79,8 | 74,3 | 83,0 |
6 | Australien | 76,7 | 68,4 | 79,5 | 86,1 |
7 | Finnland | 75,9 | 77,0 | 64,2 | 90,8 |
8 | Norwegen | 75,2 | 77,2 | 63,6 | 88,3 |
9 | Chile | 74,9 | 71,2 | 70,9 | 86,5 |
10 | Schweden | 74,3 | 75,2 | 73,7 | 73,6 |
11 | Vereinigtes Königreich | 71,6 | 75,7 | 61,5 | 79,3 |
12 | Schweiz | 71,5 | 66,0 | 71,4 | 80,4 |
13 | Uruguay | 68,9 | 84,0 | 46,6 | 76,1 |
14 | Neuseeland | 68,7 | 64,8 | 64,9 | 80,2 |
15 | Belgien | 68,6 | 81,8 | 40,1 | 87,4 |
16 | Mexiko | 68,5 | 73,8 | 63,4 | 67,1 |
17 | Kanada | 68,4 | 67,0 | 63,8 | 77,1 |
18 | Irland | 68,1 | 73,6 | 52,8 | 80,5 |
19 | Frankreich | 68,0 | 84,8 | 43,4 | 75,7 |
20 | Deutschland | 67,3 | 81,1 | 45,8 | 75,3 |
21 | Kroatien | 67,2 | 66,8 | 57,4 | 81,7 |
22 | Portugal | 66,9 | 83,4 | 34,6 | 85,7 |
23 | Vereinigte Arabische Emirate | 64,8 | 77,1 | 43,3 | 75,3 |
24 | Kasachstan | 64,0 | 45,8 | 73,1 | 80,4 |
25 | Sonderverwaltungszone Hongkong | 63,9 | 51,5 | 61,1 | 87,5 |
26 | Spanien | 63,3 | 82,9 | 30,7 | 77,6 |
27 | Kolumbien | 63,0 | 63,9 | 57,4 | 69,5 |
28 | Saudi-Arabien | 60,5 | 61,1 | 58,0 | 62,9 |
29 | USA | 60,4 | 63,9 | 58,4 | 57,5 |
30 | Polen | 56,8 | 59,2 | 45,2 | 69,4 |
31 | China | 56,5 | 65,2 | 37,8 | 69,1 |
32 | Malaysia | 56,3 | 44,5 | 54,6 | 77,4 |
33 | Brasilien | 55,8 | 70,4 | 31,0 | 67,3 |
34 | Botswana | 55,4 | 39,7 | 52,0 | 85,2 |
35 | Italien | 55,4 | 68,2 | 25,1 | 77,2 |
36 | Japan | 54,9 | 57,1 | 47,1 | 62,1 |
37 | Peru | 54,7 | 55,3 | 46,9 | 64,7 |
38 | Vietnam | 54,5 | 56,8 | 41,3 | 69,3 |
39 | Taiwan | 53,7 | 46,2 | 51,9 | 68,2 |
40 | Österreich | 53,4 | 67,2 | 22,0 | 75,2 |
41 | Südkorea | 52,2 | 40,5 | 52,4 | 70,5 |
42 | Indonesien | 50,2 | 38,1 | 50,4 | 69,3 |
43 | Thailand | 50,0 | 50,2 | 43,8 | 58,2 |
44 | Südafrika | 49,6 | 34,7 | 48,0 | 75,7 |
45 | Türkei | 48,3 | 48,3 | 32,2 | 70,8 |
46 | Philippinen | 45,8 | 41,7 | 63,4 | 27,7 |
47 | Argentinien | 45,5 | 61,5 | 29,4 | 42,3 |
48 | Indien | 44,0 | 34,2 | 44,9 | 58,4 |
Die individuelle Altersvorsorge ist unverzichtbar
„Deutschland hat weiterhin mit einer schwierigen Altersentwicklung im Umlagesystem zu kämpfen. Das erschwert die Finanzierung unseres Rentensystems. Eine Möglichkeit, dieser ungünstigen Situation entgegenzuwirken, bleibt der Ausbau und die Leistungssteigerung der nichtstaatlichen betrieblichen und privaten Altersvorsorge“, betont Susan Spinner, geschäftsführender Vorstand bei CFA Society Germany.
Schon seit Langem raten Rentenexperten hierzulande jedem, sich bei der Altersvorsorge nicht alleine auf die gesetzliche Altersrente zu verlassen. Denn bereits heute ist die Höhe der gesetzlichen Altersrente deutlich niedriger als das letzte aktive Erwerbseinkommen eines Beschäftigten, bevor er in Rente geht. Das heißt, wer im Rentenalter seinen Lebensstandard finanziell gesichert sehen will, darf nicht alleine auf die gesetzliche Altersrente setzen.
Das Nettorentenniveau vor Steuern liegt schon heute laut der Deutschen Rentenversicherung (DRV) bei nur rund 48 Prozent und wird künftig nach dem aktuellen Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung noch weiter sinken. Wie hoch die voraussichtliche Einkommenslücke des Einzelnen tatsächlich sein wird und welche individuell passenden Altersvorsorgeformen infrage kommen, können beim Versicherungsexperten erfragt werden.
Die Versicherungswirtschaft bietet zudem für eine ausreichende individuelle Altersvorsorge bedarfsgerechte Lösungen an. Je nach Vorsorgevariante sind auch staatliche Förderungen in Form von Zulagen und Steuervergünstigungen möglich.