Erwerbsminderungsrente: Erziehungszeiten im Ausland werden angerechnet

Ob einer deutschen Staatsangehörigen, die in einem Land der Europäischen Union ihre Kinder erzogen hat, diese Zeiten als Kindererziehungszeiten bei der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet werden, zeigt eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs.

8.4.2024 (verpd) Das Recht der Unionsbürger auf Freizügigkeit kann dazu führen, dass in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegte Erziehungszeiten bei der Berechnung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zu berücksichtigen sind. Das hat der Europäische Gerichtshof mit einem Urteil entschieden (C-283/21).

In einem vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschiedenen Fall ging es um die Klage einer deutschen Staatsangehörigen, die eine Zeit lang in den Niederlanden gelebt hatte. Dort wurden ihre Kinder geboren und auch von ihr erzogen.

Die Frau hatte nicht während ihres Aufenthalts in dem Nachbarland, jedoch sowohl vor als auch nach ihrer Rückkehr nach Deutschland rentenversicherungspflichtige Tätigkeiten ausgeübt.

Erwerbsminderungsrente in Deutschland

Als die Betroffene einige Zeit nach ihrer Rückkehr nach Deutschland erwerbsunfähig wurde, erhielt sie von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Bei der Berechnung eines Anspruchs auf Zahlung einer gesetzlichen Rente sind bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen Zeiten der Kindererziehung rentenerhöhend zu berücksichtigen. Der zuständige Rentenversicherungsträger weigerte sich aber, die in den Niederlanden zurückgelegten Kindererziehungszeiten bei der Berechnung der Rentenhöhe zu berücksichtigen.

Hinreichende Verbindung zwischen Erziehungs- und Versicherungszeiten

Zu Unrecht, entschied nun der Europäische Gerichtshof. Wegen des durch das Unionsrecht verbrieften Rechts auf Freizügigkeit besteht nach Ansicht der Richter eine hinreichende Verbindung zwischen den Erziehungszeiten in den Niederlanden und den in Deutschland zurückgelegten Versicherungszeiten.

Zwar habe die Klägerin in den Niederlanden Zeiten zurückgelegt, die nach hiesigem Recht Versicherungszeiten gleichgestellt seien, für die sie aber keine Beiträge entrichtet habe. Und dies insbesondere weder vor noch unmittelbar nach den Erziehungszeiten.

Das aber lasse das Bestehen einer solchen Verbindung nicht entfallen. Der deutsche Rentenversicherer habe daher die Erziehungszeiten bei der Berechnung der Rentenhöhe zu berücksichtigen.

Kostenschutz bei Streitigkeiten mit einem Sozialversicherungsträger

Wie der Fall zeigt, kann es durchaus sinnvoll sein, sich gerichtlich gegen die Entscheidung eines Sozialversicherungsträgers – im geschilderten Fall war es der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung – zu wehren.

Zwar sind Verfahren vor einem Sozialgericht hinsichtlich der Gerichtskosten inklusive der gerichtlich eingeholten Gutachten für die in der Sozialversicherung Versicherten, für die Leistungsempfänger und für behinderte Menschen kostenlos. Allerdings muss der Betroffene seine Rechtsanwaltskosten, sofern er den Gerichtsprozess verloren oder einem Vergleich zugestimmt hat, in der Regel selbst übernehmen.

Anders ist es, wenn man eine Privat- und Berufsrechtsschutzversicherung hat. Eine derartige Police übernimmt nämlich im Streitfall unter anderem die Anwaltskosten bei einem Sozialgerichtsstreit, wenn Aussicht auf Erfolg besteht und vorab eine Leistungszusage durch den Rechtsschutzversicherer erteilt wurde. Sie trägt aber auch bei zahlreichen anderen Auseinandersetzungen anfallende Gerichts- und Anwaltskosten.